Der Talanx AG gelang es 2010 die Finanzkraft des Versicherungskonzerns zu steigern. So stieg das Eigenkapital um zwölf Prozent auf 8 Milliarden Euro an. Die Solvabilität war mit 196,6 Prozent fast doppelt so hoch wie gesetzlich gefordert. Zudem gelang dem Konzern mit der Emission eines Solvency-II-fähigen Papiers mit Wandelpflicht eine Innovation auf dem internationalen Finanzmarkt. Gezeichnet wurde die Anleihe in Höhe von 300 Millionen Euro von dem japanischen Lebensversicherer Meiji Yasuda. Aber einige Hausaufgaben sind noch zu lösen.
Unsere solide Finanzausstattung lässt uns nicht nur gelassen auf die Herausforderungen der Branche schauen, sie erlaubt uns darüber hinaus, auch in den kommenden Jahren in erfolgversprechenden Märkten zu akquirieren. Dabei erhöht die Partnerschaft mit Meiji Yasuda unsere Chancen für anorganisches Wachstum, erläutert Vorstandsvorsitzender Haas die strategischen Ziele des Unternehmens.
Die 2010 eingeleiteten Umstrukturierung im Bereich Erstversicherung des Konzerns sei erfolgreich abgeschlossen. Die Service-Struktur ist auf Kundengruppen ausgerichtet und zentrale Dienstleistungen sind zusammengefasst. 2011 steht der Umbau des Geschäftsbereichs Privat- und Firmenversicherung in Deutschland und der Informationstechnologie-Bereich im Fokus.
Lage im Talanx-Konzern 2010
Die gebuchte Bruttoprämie inklusive der Sparbeiträge aus der fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung stieg um neun Prozent von 20,9 auf 22,9 Milliarden Euro. Es handelt sich überwiegend um organisches Wachstum aus der Rückversicherung sowie der Privat- und Firmenversicherung International. Änderungen von Wechselkursen tragen drei Prozentpunkte zur Prämiensteigerung bei.
Das versicherungstechnische Ergebnis war nach außerordentlich geringen Schadenbelastungen im Vorjahr 2010 rückläufig. Das Combined Ratio im Konzern stieg um 4,2 Prozentpunkte von 96,7 auf 100,9Prozent. Die Schaden-/ Kostenquote stieg besonders in den Bereichen Industrie sowie Privat- und Firmenversicherung Deutschland. Der Verlust im versicherungstechnischen Ergebnis des Konzerns verdoppelte sich von 1 Milliarde auf 2 Milliarden Euro. Grund sei die höhere Beteiligung der Kunden in der Lebensversicherung an den deutlich gestiegenen Kapitalerträgen.
Das Kapitalanlageergebnis erhöhte sich um ein Fünftel von 2,7 auf 3,2 Milliarden Euro. Verbesserungen in der Privat- und Firmenversicherung Deutschland sowie in der Schaden-Rückversicherung zeigten hier eine positive Auswirkung.
Das EBIT verminderte sich um 31 Prozent von 1,5 auf 1 Milliarde Euro.
Die Verschmelzung der Aspecta Lebensversicherung AG auf die HDI-Gerling Lebensversicherung AG war hier die Ursache. Die Rückversicherungsverträge wurden vorzeitig abgelöst und zukünftige Ertragsströme aus dem ehemaligen Aspecta-Portefeuille sind deutlich vorsichtiger als in der Vergangenheit kalkuliert.
Im ausländischen Privatkundengeschäft wurden bei einzelnen Gesellschaften die Schadenreserven dem Niveau des Stammhauses entsprechend angepasst. Gesellschaften mit zu geringen Ergebnisbeiträgen wurden abgewickelt. Diese beiden Maßnahmen führten zu einmaligen Aufwendungen. Die Umstrukturierung der Zentralfunktionen des Konzerns und der damit verbundenen Kosten für die Informationstechnologie belasteten das Ergebnis im Geschäftsjahr.
Das Konzernergebnis ging um mehr als die Hälfte von 485 auf 220 Millionen zurück. Die Eigenkapitalrendite sank in der Folge von 11,8 auf 4,6 Prozent.
Die operative Entwicklung um Talanx für die Zukunft noch besser aufzustellen und ihre Kapitalmarktfähigkeit weiter zu verbessern forderte ihren Preis. Ohne die einmaligen Aufwendungen zur Neuausrichtung des Konzerns, einschließlich eines gegenläufigen Steuerertrages, läge der Konzern im Ergebnis 2010 auf der Höhe des Vorjahres.
Jahresabschluss 2010 der einzelnen Geschäftsbereiche
Der Geschäftsbereich Industrieversicherung erreichte 2010 konstante Bruttoprämien von 3,1 Milliarden Euro. Die Beitragseinnahmen im Haftpflichtgeschäft sind über Anpassungen der Versicherungsprämien nach Schäden gestiegen. Die Transportversicherung litt durch die nachträgliche Verrechnung der vom Umsatz abhängigen Beiträge in den Policen noch unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise des Vorjahres.
Die verdiente Nettoprämie lag wie im Vorjahr bei 1,4 Milliarden Euro. Das versicherungstechnische Ergebnis wurde durch höhere Schadenaufwendungen und Nachreservierungen belastet. In der Versicherungstechnik entstand ein Verlust von 58 Millionen Euro. In 2009 wurde hier noch ein Gewinn in Höhe von 134 Millionen Euro erzielt..
Das Kapitalanlageergebnis verminderte sich von 241 auf 231 Millionen Euro. Nach der günstigen Schadensituation im Vorjahr stieg die kombinierte Schaden-/ Kostenquote von 90,5 auf 104,1 Prozent, folglich brach das EBIT von 334 auf 185 Millionen Euro ein.
Die gebuchten Bruttoprämien im Bereich Privat- und Firmenversicherung Deutschland erhöhten sich im abgelaufenen Geschäftsjahr um drei Prozentpunkte von 6,6 auf 6,8 Milliarden Euro. Der Verlust im versicherungstechnische Ergebnis stieg um 73 Prozent von 900 Millionen auf 1,6 Milliarden Euro. Grund neben der erhöhten Beteiligung der Versicherungsnehmer an dem gestiegenen Kapitalanlageergebnis war die Verschmelzung der Aspecta auf die HDI-Gerling Lebensversicherung AG. Insbesondere abgelöste Rückversicherungsverträge und die Neukalkulation der zukünftigen Gewinnströme aus dem ehemaligen Aspecta-Portefeuille führten zu einer erheblichen Belastung in der Bilanz.
Das Kapitalanlageergebnis stieg um 31 Prozent von 1,2 auf 1,6 Milliarden Euro. In der Hauptsache in der Folge von Veräußerungsgewinnen, während im Vorjahr noch Abschreibungen infolge der Finanzkrise zu verkraften waren. Die Verluste im EBIT betrugen 44 Millionen nach einem Gewinn von 209 Millionen Euro im Vorjahr.
Das Neugeschäft in der Lebensversicherung ist gemessen am Annual Premium Equivalent (APE), das sich aus den laufenden Prämien zuzüglich 10 % der Einmalprämien zusammensetzt, um elf Prozent von 462 auf 515 Millionen Euro gestiegen.
Mit einem Wachstum der gebuchten Bruttoprämien um 22 Prozent von 1,8 auf 2,2 Milliarden Euro konnte der Geschäftsbereich Privat- und Firmenversicherung International erneut deutlich zulegen. Auch bereinigt von Effekten aus Währungskursen liegt das Wachstum bei 13 Prozent. Den größten Anteil daran hat die brasilianische Gesellschaft HDI Seguros S.A., die umgerechnet in Euro sogar um 45 Prozent zulegt (21 Prozent in Lokalwährung).
Die verdienten Nettoprämien nahmen um 24 Prozent von 1,4 auf 1,7 Milliarden Euro zu. Das Kapitalanlageergebnis konnte um 24 Prozent von 121 auf 150 Millionen Euro gesteigert werden. Die kombinierte Schaden-/Kostenquote erhöhte sich von 102,5 auf 105,2 Prozent. Das operative Ergebnis lag bei 26 Millionen Euro, nach 42 Millionen Euro Verlust im Vorjahr.
Die gebuchte Bruttoprämie im Bereich Schaden-Rückversicherung erhöhte sich um 10 Prozent von 5,8 auf 6,3 Milliarden Euro. Ohne Effekte aus Währungskursen ein Anstieg um 7 Prozent. Die verdiente Nettoprämie stieg 5,2 auf 5,4 Milliarden Euro. Das Kapitalanlageergebnis stieg um 28 Prozent von 610 auf 779 Millionen Euro. Durch Großschäden erhöhte sich die kombinierte Schaden-/ Kostenquote von 96,7 auf 98,3 Prozent. Das versicherungstechnische Ergebnis brach von 136 auf 78 Millionen Euro ein. Das EBIT stieg von 760 auf 909 Millionen Euro.
Die gebuchten Bruttoprämien in der Personen-Rückversicherung stiegen um zwölf Prozent von 4,5 auf 5,1 Milliarden Euro. Bereinigt um Währungskurseffekte betrug der Anstieg sieben Prozent. Die verdiente Nettoprämie stieg von 4,1 auf 4,7 Milliarden Euro. Das Kapitalanlageergebnis sank von 525 auf 508 Millionen Euro. Das operative Ergebnis brach von 371 auf 276 Millionen Euro ein. Als Grund für die besseren Ergebnisse im Vorjahr werden die einmaligen Erträge aus dem Erwerb eines US-Lebensrückversicherungsportefeuilles genannt.
Weichen für die Zukunft werden gestellt
In diesem und im nächsten Jahr werden als Schwerpunkt die Umstrukturierung des Bereichs Privat- und Firmenversicherung Deutschland im Fokus stehen, mit dem Ziel einer Reduzierung der Verwaltungskosten um rund 245 Millionen Euro.
Im Vertrieb begann das neue Management des Geschäftsbereichs 2011 damit, die Strukturen einfacher und effizienter zu machen: Bereits im Herbst 2010 wurden die Aktivitäten der Vertriebsgesellschaften Deutsche Privat Vorsorge, Partner Office und Clarus zusammengeführt und mit Blick auf die weitere Umgestaltung des Vertriebsbereichs 2011 an Aragon verkauft. Talanx Deutschland bleibt mit einem Minderheitsanteil beteiligt und arbeitet mit Aragon im Rahmen einer Kooperation zusammen.
Mit dem Verkauf des Rechtsschutz-Privatkundenportfolios an die ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG, einem Beitragsvolumen von rund 59 Millionen Euro, konzentriert sich die Talanx-Gruppe im deutschen Privatkundengeschäft künftig stärker auf Kernkompetenzen. Rechtsschutzversicherungen für Privatkunden bietet die Gruppe zukünftig nur noch gemeinsam mit Roland an. Eine Fortführung des Rechtsschutz-Privatkundengeschäfts hätte unter dem Gesichtspunkt der Profitabilität hohe Investitionen nach sich gezogen und erschien aus diesem Grund als nicht mehr rentabel. In der Industrieversicherung dagegen zählt Rechtsschutz nach wie vor zum Kerngeschäft.
Notwendig sind außerdem Investitionen in die Informationstechnologie der Erstversicherung. Mit Gründung der Talanx Systeme AG, die ihre operative Tätigkeit Mitte des Jahres aufnimmt, verfolgt Talanx das Ziel, die IT-Funktionen hinsichtlich Kosten, Qualität und Geschwindigkeit zu optimieren und so die Effizienz in der Erstversicherung zu steigern.
Bereits in den ersten Monaten des Jahres konnte die Gruppe mit weiteren Zukäufen Erfolge bei der Umsetzung ihrer Wachstumsstrategie melden. In Holland übernahm HDI-Gerling Industrie den Sachversicherer Nassau Verzekering, ein etablierter Nischenversicherer, der sich auf Spezialsparten wie Berufshaftpflicht, D&O und Krisenmanagement konzentriert hat. 2010 erwirtschaftete die Gesellschaft 107 Millionen Euro an Prämien.
Im strategischen Zielmarkt Lateinamerika übernahm die Talanx International AG zum 1. April 2011 die beiden Versicherungsgesellschaften LUnion de Paris Cía. Argentina und LUnion de Paris Cía. Uruguaya. Die bislang in Privatbesitz befindlichen Gesellschaften verzeichneten 2010 rund 44 Millionen Euro an Prämien.
Hohe Belastungen in 2011 erwartet
Insgesamt erwartet der Konzern im laufenden Jahr eine Steigerung der gebuchten Bruttoprämien etwa drei Prozent auf 23 Milliarden Euro. Haas nennt in erster Linie die Industrieversicherung, das internationale Privatkundengeschäft und die Rückversicherung als Wachstumsfelder.
Mit Blick auf die Schadenbelastung dürfte 2011 allerdings zu einem weiteren schwierigen Jahr werden, warnt der Konzernchef, die exorbitant gestiegene Netto-Großschadenbelastung des ersten Quartals 2011 ist mit 675 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie die 297 Millionen Euro im Vorjahr und wird Spuren im Ergebnis hinterlassen.
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