Die Deutschen verzichten auf eine ideale Zusatzrente

Die Mehrheit der Deutschen lässt im Schnitt einige Hundert Euro monatliche Rente auf der Straße liegen. Dies zeigt eine Studie im Auftrag von Fidelity International.

Keine Form der Absicherung für das Rentenalter wird von den Erwerbstätigen in Deutschland so vernachlässigt wie die betriebliche Altersvorsorge.

Nur 38 Prozent der Erwerbstätigen sparen laut der Studie im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge für ihren Ruhestand, während immerhin fast doppelt so viele (68 Prozent) auf private Vorsorge setzen. Das Ergebnis: Nur durchschnittlich 4 Prozent der gesamten Bezüge im Alter kommen heute in Deutschland aus der betrieblichen Vorsorge.

„Die Vernachlässigung der betrieblichen Altersvorsorge muss ein Ende haben“, appelliert Christian Wrede, Sprecher der Geschäftsführung von Fidelity International in Deutschland. „Dass es auch anders geht, zeigt der Blick zu unseren europäischen Nachbarn: In den Niederlanden stammt schon heute ein Drittel der Rente aus der betrieblichen Altersvorsorge – in Dänemark sind es immerhin 17 Prozent. Wenn wir verhindern wollen, dass die Deutschen ihren Lebensstandard im Alter dramatisch zurückschrauben müssen, sind hierzulande Werte von 25 bis 30 Prozent unumgänglich.“

Arbeitgeber und Fiskus sparen mit

Dabei bietet betriebliche Altersvorsorge umfangreiche Vorteile: Häufig zahlt der Arbeitgeber mit ein – bis hin zur Verdoppelung des monatlich gesparten Beitrags. Dieser wird vom Bruttoeinkommen abgezogen und erst bei der Auszahlung versteuert, was die Steuerlast der Beschäftigten meist verringert. Zudem übernimmt der Arbeitgeber die Abwicklung. Und schließlich sorgt der Umstand, dass in der Regel eine Vielzahl von Beschäftigten eines Betriebs betreut wird, für bessere Konditionen – sprich: höhere Renditen für den Einzelnen.

Wie sich das auszahlt, zeigt eine Beispielrechnung für einen 37-jährigen verheirateten Durchschnittsverdiener mit einem Kind. Er steckt zwei Prozent seines Monatsgehalts – gut 50 Euro – steuer- und sozialabgabenfrei in die betriebliche Altersvorsorge. Sein Arbeitgeber verdoppelt den Betrag und investiert die Summe in Investmentfonds. Bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von 6 Prozent kann der Familienvater bei Rentenantritt mit monatlichen Zahlungen von 225 Euro netto rechnen. Bezogen auf sein letztes Nettoeinkommen würde seine Rente damit von 53,6 auf 65,5 Prozent steigen – und die so genannte Rentenlücke bedeutend schrumpfen.

Versorgungslücke im Alter wird ignoriert

Über das Ausmaß eben jener Rentenlücke ist sich der Großteil der Deutschen nach wie vor nicht bewusst – und sorgt deshalb auch zu wenig vor. So zeigt die Fidelity-Studie, dass 71 Prozent der Befragten nur ungefähre oder gar keine Vorstellungen über die voraussichtliche Höhe ihrer Altersbezüge haben. Vier von fünf Deutschen (81 Prozent) überschätzen diese zudem massiv: Über 40 Prozent erwarten sogar 80 bis 100 Prozent ihres Nettolohns.

Tatsächlich erreichen die Deutschen bei Rentenbeginn nach Fidelity-Berechnungen im Schnitt lediglich 56 Prozent ihres letzten Einkommens vor dem Ruhestand. Da die staatliche Rente rückläufig ist, droht ohne Stärkung der privaten und betrieblichen Vorsorge eine Rentenlücke von 44 Prozent – Tendenz steigend.

Mitglieder einer Gewerkschaft nutzen bAV häufigerZweifelsohne kommt den Tarifpartnern bei der Aufwertung der zweiten Säule der Altersvorsorge eine entscheidende Rolle zu. Schon heute nutzt fast jedes zweite aktive Gewerkschaftsmitglied (46 Prozent) diese Form der Vorsorge, während Nicht-Mitglieder nur auf einen Wert von 34 Prozent kommen. Daraus lässt sich folgern, dass Gewerkschafter besser informiert sind – und damit wichtige Vermittler in Sachen betrieblicher Altersvorsorge wären.

Viele Arbeitgeber wiederum erkennen nicht, dass die Leistungen abseits von Gehalt und Position eine immer wichtigere Rolle spielen. Angesichts der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels bieten attraktive Vorsorgeregelungen eine ideale Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzusetzen und Talente zu gewinnen.

Gerade Mittelständler, die am Arbeitsmarkt häufig gegen mit Konzernen konkurrieren, könnten mit entsprechenden Angeboten und einer aktiven Informationspolitik punkten.

Derzeit geben 70 Prozent der Erwerbstätigen an, dass die betriebliche Altersvorsorge bei der Wahl ihres Arbeitgebers bislang keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Jeder Dritte (32 Prozent) erklärt, dass sein Arbeitgeber keine betriebliche Altersvorsorge anbietet – obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist. Vier von fünf Befragten (78 Prozent) verfügen über unzureichende Kenntnisse.

Studie als kostenloser Download

Die Ergebnisse der Studie stammen aus einer repräsentativen Befragung von 1.000 erwerbstätigen Personen zwischen 18 und 55 Jahren in Deutschland. Die Studie wurde vom Psephos Institut für Markt-, Politik- und Sozialforschung GmbH im Auftrag von Fidelity International zwischen 2. März und 4. April 2011 durchgeführt.

Die detaillierten Studienergebnisse können Sie hier herunterladen.


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