Deutscher Streit um Provisionsabgabe an Versicherungskunden
Im Streit um ein seit 1934 nur in Deutschland für die Assekuranz geltendes Verbot einer Provisionsabgabe an Versicherungskunden haben die Finanzdienstleistungsaufsicht in Deutschland (BaFin) und das Bundesministerium für Finanzen zu prüfen und zu entscheiden, ob das Verbot einer Provisionsabgabe weiter bestehen soll, gelockert wird oder ob die Provisionsabgabe an Versicherungskunden legalisiert werden soll.
Die BaFin prüft derzeit grundsätzlich das Abgabeverbot, nachdem die Behörde in einem Gerichtsstreit in Frankfurt am Main mit dem Internet-Finanzvermittler AVL ihre Revision gegen eine richterliche Entscheidung zugunsten der Provisionsabgabe zurückgezogen hatte. Verbände der Versicherungsvermittler, Verbraucherschutz und der Gesamtverband haben unterschiedliche Positionen im aktuellen Streit um eine Provisionsabgabe an Verbraucher.
AfW und Verbraucherschutz sind für das Recht einer Provisionsabgabe
Der Arbeitgeberverband der unabhängigen Finanzdienstleister (AfW) begrüßte die Entscheidung der BaFin, die Revision zurückzuziehen, und plädiert für eine Aufhebung des Verbots. Wie der Verband meldet, stehe das Provisionsabgabeverbot einer europäischen Liberalisierung bei den Vergütungsmodellen im Weg. Bisher gebe es keine Pflicht der Assekuranz im deutschen Markt zur alternativen Bereitstellung von Honorartarifen. „Daher muss es den Versicherungsvermittlern auch möglich sein, dem Kunden eigenständig die Tarife weitestgehend zu nettorisieren. Nun ist auch für Versicherungsvermittler die letzte Hürde für eine von der Provision unabhängige Vergütung ihrer Leistung gefallen“, erläutert Rechtsanwalt Norman Wirth als geschäftsführender Vorstand des AfW.
Vertreter des Verbraucherschutzes, wie der Bund der Versicherten (BdV) teilt in einer Pressemeldungen die Position des AfW und erhofft sich durch den Wegfall des Verbotes Impulse für mehr Nettotarife und einen Aufschwung für die vom Verbraucherschutz unterstützte Honorarberatung.
Maklerverband fordert eine schnelle Klärung der Rechtslage
Der Verband Deutscher Versicherungsmakler (VDMV) fordert eine schnelle Klärung der Rechtslage. Inhaltlich würden Vorteile und Nachteile beim Wegfall des Provisionsabgabeverbots eng beieinander liegen. Hier sei letztlich die Politik gefordert, damit „nicht die breiten Bevölkerungskreise zu den Verlierern gehören, weil sie sich eine werthaltige Beratung nicht mehr werden leisten können“, heißt es in einer Erklärung des VDMV.
Versicherungsvermittler sind für das Verbot
Für den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sprach sich Präsident Michael H. Heinz für das Verbot aus. „Denn es verhindert, dass das Ziel einer jeden Versicherungsvermittlung – die bestmögliche Absicherung gegen Risiken des Lebens – nicht in den Hintergrund tritt. Dies würde aber bei einer Abschaffung eintreten, wenn Kunden und Versicherungsvermittler zuvorderst über die Teilung der Provisionen oder irgendwelche Rabatte verhandeln würden“, erläutert Heinz.
Deutsche Versicherer sind für Provisionsabgabeverbot
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sprach sich entschieden für den Fortbestand des Verbots aus. Die deutschen Versicherer stufen das Frankfurter Urteil als einen Einzelentscheidung ein, durch die das Verbot mit dem Verzicht auf eine höchtsrichterliche Klärung nicht grundsätzlich aufgehoben sei. „Die Finanzkrise hat gezeigt, dass es einer qualitativ hochwertigen Finanzberatung bedarf, damit die Menschen die Produkte bekommen, die sie brauchen und die zu ihnen passen. Gute Beratung ist nicht umsonst und auch nicht zum ‚Schnäppchen-Preis‘ zu haben. Ein Wettrennen der Vermittler um die ‚billigste Beratung‘ würde zu Lasten der Beratungsqualität gehen“, vermutet Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der GDV-Hauptgeschäftsführung.