Glücksspiel und Geldwäsche

Glücksspiel braucht zentrale Aufsicht.
Prof. Dr. Tilman Becker, Universität Hohenheim, Geschäftsführender Direktor der Forschungsstelle Glücksspiel fordert Bundesaufsicht für Glücksspiel. /Foto: Uni Hohenheim

Glücksspiel boomt neben dem staatlichen Lotto. Experten und Forscher sehen Deutschland als ein Paradies für Abzocker. Glücksspiel als Ländersache ist falsch, eine Bundesbehörde sei notwendig.

(db) Deutschland sei ein Paradies für illegale Glücksspielanbieter, so das Fazit der Forschungsstelle Glücksspiel auf der heutigen Pressekonferenz der Universität Hohenheim in Stuttgart zum 15. Glücksspiel-Symposium (21./22. März 2018).

Die Bundesregierung müsse jetzt zentral handeln, da sonst bei der Regulierung von Glücksspielen jedes Bundesland sein eigenes Süppchen koche. Die Uneinigkeit der Länder habe den Markt für illegale Glücksspiele regelrecht aufblühen lassen. Ohne staatlicher Kontrolle, Besteuerung und Regulierung, gibt es auch noch Risiken der Geldwäsche.

„Wer sich nicht an Regeln hält, wird faktisch belohnt und dem Staat entgehen Einnahmen von einer halben Milliarde Euro“, warnte Prof. Dr. Tilman Becker.

Abhilfe könne nur eine nationale Aufsichtsbehörde des Bundes für das Online-Glücksspiel schaffen, so die Überzeugung des Leiters der Forschungsstelle Glücksspiel. Mit Blick auf das Thema Spielsucht empfiehlt die Forschungsstelle, dem Beispiel Hessens zu folgen und eine bundesweite Spielersperre für Spielhallen einzuführen.

„Dank eines Regulierungs-Schlupflochs in Schleswig-Holstein werben Online-Casinos bundesweit um illegale Kundschaft. Jedes Bundesland sei noch für die Regulierung des Online-Angebots im eigenen Raum zuständig. Das Internet mache aber nicht Halt an den Grenzen eines Bundeslandes. Es sei ein Konstruktionsfehler, dass die Verantwortung für die Regulierung des Online-Angebots bei jedem einzelnen Bundesland liegt“, so Becker.

In Deutschland werde der Glücksspielmarkt im Internet zu 95 Prozent von illegalen Anbietern beherrscht.

„Die teilweise bewusst laxe oder sogar destruktive Haltung mancher Länder hat Deutschland zu einem Schutzraum für illegale Glücksspieler gemacht“, warnt Glücksspiel-Experte Becker.

Staat verzichte auf viel Steuern

Es sei ein Staatsversagen, das die Bundesrepublik viel Geld koste. Von 2014 auf 2015 seien die Bruttospielerträge des illegalen Online-Marktes (ohne Sportwetten) von 1,08 auf 1,53 Milliarden Euro gestiegen. Dem Staat seien im Jahr 2015 Einnahmen von 490 Millionen Euro entgangen.

Neuere Zahlen lägen nicht vor, aber vermutlich liege der Bruttospielertrag des illegalen Online-Marktes (ohne Sportwetten) mittlerweile bei weit über zwei Milliarden Euro. Die Anbieter dürften Steuern in der Höhe von deutlich mehr als einer halben Milliarde Euro hinterziehen, ohne dass der Staat hiergegen vorgehe.

Förderalismus verhindere Regulierung

Der Grund sei, dass bundesweit einheitliche Regelungen von einzelnen Bundesländern immer wieder torpediert würden. So habe das Bundesland Schleswig-Holstein von 2011 bis 2013 im Alleingang 7-Jahres-Lizenzen für virtuelle Spielcasinos und Sportwetten vergeben.

„Eigentlich gilt die Lizenz zum Spielen nur für Bürger Schleswig-Holsteins. Doch das verschweigen die Anbieter in ihrer bundesweiten Werbung – und kontrollieren lässt es sich auch nicht“, so Becker.

Ein anderer Fall sei der Versuch, den Sportwetten-Markt im Internet durch Lizenzen für legale Anbieter auszutrocknen.

„Seit 2012 kommen die Länder mit der Lizenzvergabe nicht voran. Es gibt ein großes wirtschaftliches Interesse der Anbieter, die derzeitig für sie sehr vorteilhafte Situation möglichst lange aufrecht zu erhalten“, so Becker.

Bis dahin genössen die illegalen Online-Anbieter eine Art Bestandsschutz, obwohl diese Anbieter nicht nur Sportwetten, sondern auch die nicht erlaubnisfähigen Online-Casinospiele anböten.

Zuständigkeiten nutzen illegale Anbieter

Eigentlich sollten sich die Länder zum 1.1.2018 mit dem 2. Glücksspieländerungs-Vertrag auf einheitliche Regelungen einigen. Doch dann habe sich Schleswig-Holstein erneut quergestellt.

Das Ergebnis der auf 16 Bundesländern aufgeteilten Verantwortlichkeit für das Online-Angebot sei ein Regelungsdschungel, von dem wiederum die illegalen Anbieter profitierten.

„16 Bundesländer bedeuten eben auch 16 Hebelpunkte, an denen die Staranwälte der Illegalen die Gesetze mit Widerspruchsverfahren aushebeln können“, so Becker.

In den vergangenen zehn Jahren sei noch kein einziges Urteil gegen einen Online-Anbieter nach § 214 Strafgesetzbuch erfolgt. Dieses Gesetz stelle das Veranstalten und die Werbung für nicht genehmigte Glücksspiele in Deutschland unter Strafe.

Dietmar Braun (db)

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