Zahlungsmoral sinkt weiter

Euler Hermes meldet zur Zahlungsmoral
Das Management Board von Euler Hermes aus Paris ist heute ein Gruppenbild mit Damen. /Foto: Euler Hermes

Die Allianz SE-Tochter Euler Hermes aus Paris sieht trotz Stabilität eine sinkende Zahlungsmoral in der Wirtschaft. Experten empfehlen im Zahlungsverkehr an Risiken wie den Ausfall zu denken und sich zu versichern.

(db) Die weltweit positive wirtschaftliche Entwicklung geht mit einer Verschlechterung der Zahlungsmoral einher, stellt Euler Hermes in der aktuellen „Payment Behaviour“-Studie fest. Die Laufzeiten für Forderungen (Days Sales Outstanding / DSO) sind 2017 weltweit durchschnittlich um zwei Tage gestiegen. Als Folge warten die Unternehmen im Durchschnitt 66 Tage und damit so lange wie seit 2007 nicht mehr auf ihr Geld. (Download der Studie finden Nutzer am Ende dieses Beitrags)

2016 lag die Wartezeit bis zur Bezahlung von Forderungen wie in den vier Jahren zuvor stabil bei 64 Tagen. Einen Grund für den Anstieg im vergangenen Jahr sehen die Euler Hermes Experten in der verbesserten globalen Wirtschaftslage, die Unternehmen zu mehr Vertrauen und dadurch zu einer toleranteren Kontrolle der Zahlungseingänge verleite.

„Je entspannter die wirtschaftliche Gesamtsituation scheint, umso geduldiger warten Unternehmen auf ihr Geld. Ist das gut oder schlecht? In einem Umfeld, in dem wir immer mehr Großinsolvenzen beobachten, ist das vor allem gefährlich. Man sollte das Umfeld aufmerksam beobachten und rechtzeitig agieren. Sonst wird die Rechnung am Ende gar nicht bezahlt“, sagt Ron van het Hof, CEO Euler Hermes DACH

Stabilität senkt die Zahlungsmoral

Die Korrelation zwischen Bruttoinlandsprodukt und der Zahlungsmoral gemäß DSO wird in der Auswertung von Euler Hermes seit 2007 aufgezeigt.

„Wir gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft 2018 eine ähnliche Dynamik entwickelt wie im vergangenen Jahr, in dem sie um 3,2 Prozent gewachsen ist. Mit zunehmendem Vertrauen in die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung dürfte sich auch der Trend zur laxeren Handhabung von Forderungslaufzeiten verstärken, was in diesem Jahr einen weiteren Anstieg des weltweiten Durchschnitts um einen Tag auf 67 Tage zur Folge haben könnte“, erwartet Ludovic Subran, Chefvolkswirt bei Euler Hermes und stellvertretender Chefvolkswirt bei der Allianz SE.

Fristen schönen die Zahlungsmoral

Die Verlängerung der Zahlungsfristen haben die Experten von Euler Hermes in der Stichprobe, die 20 Branchen und 36 Ländern umfasst, übergreifend beobachtet. In zwei von drei Branchen und zwei von drei Ländern sind die Forderungslaufzeiten 2017 gestiegen. Dabei verstärken sich die Extreme: In Branchen, in denen bereits sehr lange Zahlungsfristen gewährt werden, warten Unternehmen seit 2017 noch länger auf ihr Geld.

So müssen Lieferanten der Elektronikbranche, im Maschinenbau und im Baugewerbe die längsten Forderungslaufzeiten von über 85 Tagen überbrücken. Auffällig stark sind 2017 aber auch die DSO in der Luftfahrt (+4) und im Automobilsektor (+3) gestiegen. Am schnellsten kommen dagegen Unternehmen aus dem Konsumgüterbereich wie Einzelhändler und Lebensmittelproduzenten sowie Transportunternehmen mit Forderungslaufzeiten von durchschnittlich bis zu 49 Tagen an ihr Geld.

Der Zahltag verschiebt sich

Mit einer Wartefrist von 54 Tagen bis zur Rechnungszahlung lag Deutschland in 2017 unter dem internationalen Durchschnitt von 66 Tagen. Allerdings ist im Vergleich zum Vorjahr auch hier ein Tag hinzu gekommen. Zwei Tage länger (56 DSO) warteten russische Unternehmen auf ihr Geld. Auch Großbritannien blieb trotz Unsicherheiten im Zuge des Brexit mit 53 Tagen unter dem globalen Durchschnitt.

Insgesamt sind die Forderungslaufzeiten in der Eurozone um zwei Tage auf durchschnittlich 66 Tage gestiegen. Eine Ausweitung der Fristen gab es vor allem in Spanien, Portugal, Griechenland und den Niederlanden, während sie in Italien, Dänemark und Finnland rückläufig waren. In Asien hatte China einen Anstieg um drei Tage zu verzeichnen und damit ein neues Zehnjahreshoch von 92 Tagen erreicht. Auch in Nordamerika warteten Unternehmen durchschnittlich zwei Tage länger auf den Geldeingang als noch 2016.

Früher an später denken

Der fachjournalistische Blog Finanz- und Geldwissen empfiehlt: Forderungen gegen Ausfall zu versichern, da das Risiko gar kein Geld zu sehen noch bedrohlicher ist, als nur länger zu warten.       

Dietmar Braun (db finanzwelt)

Download der „Payment Behaviour“-Studie (in englischer Sprache)

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